| Genetik und Epigenetik | Genetik und Epigenetik ________________________________________________________________ Genetik In der Genetik oder Vererbungslehre geht es darum, die Gesetzmäßigkeiten und die materiellen Grundlagen, die zur Ausprägung von erblichen Merkmalen führen, zu erforschen. 
 Mendelsche Regeln Gregor Mendel publizierte seine Vererbungsregeln in 1866. Er 
	  stellte 3 Regeln auf, die er durch Beobachtung heraus fand: 1.     Uniformitätsregel 2.     Spaltungsregel 3.     Unabhängigkeits/Neukombinationsregel   In den Körperzellen diploider Organismen treten die Chromosomen 
	  paarweise auf. So besitzt der Hund 39 Chromosomenpaare, also 78 
	  Chromosomen. Je eines der Chromosomen in einem Chromosomenpaar stammt vom 
	  Rüden und eines von der Hündin. Die beiden Chromosomen eines Paares werden 
	  auch als homologe Chromosomen bezeichnet. In einer Körperzelle sind die 
	  Erbanlagen pro Merkmal somit immer doppelt vorhanden. Bei der Bildung der Geschlechtszellen werden die homologen 
	  Chromosomenpaare in der Meiose getrennt. In einer Eizelle bzw. 
	  einem Samenfaden befindet sich also nur der einfache Chromosomensatz, die 
	  Erbanlagen pro Merkmal (Genabschnitte) sind somit immer nur einmal 
	  vorhanden. Dies erklärt die Spaltungsregel. Bei der Befruchtung, also der Verschmelzung von Eizelle und 
	  Samenfaden, bringen beide Geschlechtszellen jeweils eine Erbanlage pro 
	  Merkmal mit. Die durch diese Verschmelzung entstehende befruchtete 
	  Eizelle (Zygote) hat also wieder den doppelten Chromosomensatz. Die 
	  Erbanlagen können so neu kombiniert werden. Dies erklärt die 
	  Unabhängigkeitsregel.   __________________________________ 
 
 
	  Grundlagen angewandter Genetik für die Hundezucht 
	  Um Erbkrankheiten bekämpfen zu können, muss man sich mit Genetik 
	  auskennen. Man sollte wissen, wie Erbgänge funktionieren, wie man ungefähr 
	  die Anzahl der latent betroffenen Hunde schätzen kann und welche Maßnahmen 
	  möglich und im Einzelfall angezeigt sind. Aufgrund zahlreicher Anfragen 
	  habe ich versucht, den Kurzvortrag, den ich auf der JHV 2010 hielt, in 
	  Artikelform umzuarbeiten. 
	   
	  Die Erbanlagen bewirken die Ausbildung aller körpereigenen Merkmale, sie 
	  sind quasi der Bauplan des Körpers. Starke Genanlagen können bereits in 
	  einfacher Kopie als Bauplan dienen, schwache Genanlagen müssen in 
	  doppelter Kopie vorliegen, damit sie ausgeführt werden. Diese starken 
	  Anlagen nennt man dominant, die schwachen heißen rezessiv. 
	  Problematisch sind immer die rezessiven Erkrankungen. Zum Ausbruch dieser 
	  Erkrankungen muss die doppelte Kopie des rezessiven Gens vorliegen. Die 
	  mischerbig Betroffenen sind immer selbst gesund. Sie sind von den 
	  reinerbig Gesunden optisch nicht zu unterscheiden. Mischerbige Träger von 
	  rezessiven Merkmalen nennt man Carrier. Die modernste und beste 
	  Möglichkeit, Carrier zu erkennen, ist über einen Gentest. Leider gibt es 
	  Gentests nur für wenige Erkrankungen wie z.B. CEA. Am Beispiel der CEA 
	  haben wir gesehen, dass Carrier völlig harmlos sind, solange man sie an 
	  reinerbig Gesunde anpaart. Ein einzelnes, krankmachendes rezessives Gen 
	  kann sich gegen eine gesunde dominante Kopie nie durchsetzen. 
	   
	  Die folgende kleine Tabelle zeigt, welche Genkombinationen möglich sind, 
	  wenn 2 Carrier aneinander angepaart werden. Das dominante Gen wird mit 
	  Großbuchstaben gekennzeichnet, das rezessive Gen mit kleinem Buchstaben.  
	  Nun sind aber leider nur die wenigsten Merkmale durch ein einzelnes Gen 
	  bestimmt. Meist sind mehrere Gene beteiligt. Einen solchen Erbgang nennt 
	  man polygenen Erbgang. HD ist ein Beispiel für polygene Vererbung. Auch 
	  für Epilepsie steht im Raum, dass es sich um einen polygenen Erbgang 
	  handelt. 
	    
	  Wie viele und welche Möglichkeiten gäbe es nun bei einem Merkmal, das von 
	  3 Genen beeinflusst wird? 
	   
	  Bei 8 mal 8 Ausgangspositionen kommt man auf insgesamt 64 verschiedene 
	  Genverteilungen, die bei den Nachkommen auftreten können. 
	  Wie sähe die zahlenmäßige Verteilung der verschiedenen Varianten aus? 
	  Die statistische Analyse der theoretischen Möglichkeiten ergibt lediglich 
	  einen einzigen Nachkommen, der reinerbig dominant, also völlig frei von 
	  möglichen Krankheitsanlagen wäre. Dann kommen 6 Hunde mit einem rezessivem 
	  Gen und 5 dominanten, 15 Hunde mit 2 rezessiven und 4 dominanten, 20 Hunde 
	  mit jeweils 3 rezessiven und 3 dominanten Genen, wieder 15 Hunde mit 4 
	  rezessiven und 2 dominanten Genen und schlussendlich ein einziger Hund, 
	  der 6 rezessiven Gene abbekommen hat und daher krank wird. 
	  Wichtig daran ist, dass es umso mehr Carrier gibt, je mehr Gene an der 
	  Ausprägung eines Merkmales oder einer Erkrankung beteiligt sind.  
	   
	  Wie funktioniert eine polygene Vererbung? 
	  Für Verwirrung sorgt die Tatsache, dass es verschiedene Bezeichnungen für 
	  Erbgänge gibt, bei denen verschiedene Gene zusammen- oder gegeneinander 
	  wirken. So findet man die Bezeichnungen polygen rezessive Vererbung, 
	  polygen additive Vererbung ebenso wie multifaktorielle Vererbung. Alle 
	  bezeichnen mehr oder weniger dasselbe. 
	  Viele Krankheiten und Merkmale zeigen eine familiäre Häufung, ohne dass 
	  die Zahlen einem klassischen, auf einem Genpaar beruhenden (monogen) 
	  Erbgang entsprechen würden. Verwandte ersten Grades (Eltern, Kinder, 
	  Vollgeschwister) sind zumeist in etwa 2-4% betroffen und damit wesentlich 
	  geringer als aufgrund einer monogenen Vererbung. Die gängige Hypothese 
	  ist, dass hierbei mehrere Gene additiv und unabhängig voneinander sowie 
	  die verschiedensten Umweltfaktoren zusammenwirken. Meist wird dieses 
	  Modell als „multifaktorielle Vererbung“ bezeichnet. Damit wird schon im 
	  Namen klar, dass viele Faktoren zusammenkommen müssen, um ein bestimmtes 
	  Merkmal auszuprägen, bzw. eine Krankheit auszulösen. Da es sich häufig um 
	  Merkmale handelt, die fließend von sehr gering bis sehr ausgeprägt 
	  vorhanden sein können, spricht man auch von einer quantitativen Vererbung. 
	  In diesem Modell wirken die verschiedenen Gene und Umweltfaktoren und 
	  erzeugen eine Anfälligkeit (Prädisposition). Beispiele für derartige, 
	  nicht krankhafte Merkmale sind Körperhöhe und –statur, aber auch 
	  Verhaltensanlagen wie Intelligenz beim Menschen oder Arbeitsveranlagung 
	  bei unseren Hunden. 
	  Den Anteil der Erbanlagen an der Ausprägung eines Merkmales (einer 
	  Erkrankung) nennt man Heritabilität. Heritabilität und Umwelteinflüsse 
	  ergeben logischerweise zusammen immer das Ganze, was mit 1 oder 100% 
	  bezeichnet wird. Bei einem Heritabilitätskoeffizienten von 0,4 (40%) wird 
	  also knapp die Hälfte der auslösenden Faktoren von den Genen bestimmt und 
	  60% von der Umwelt. Je weniger unterschiedlich die Umwelteinflüsse 
	  innerhalb einer Population sind, umso stärker kommt die ererbte 
	  „Grundausstattung“ zum Tragen. Ein Beispiel: bei normaler Ernährung wird 
	  die Größe überwiegend von den Erbanlagen bestimmt. Lässt man Welpen jedoch 
	  fast verhungern, bleiben sie lebenslang kleiner als Geschwister, die 
	  normal ernährt werden. 
	  Die Anlagen für multifaktoriell vererbte Krankheiten sind zwar innerhalb 
	  der Population (hier: Hunde in einem Zuchtbuch) auch fließend vorhanden, 
	  die Krankheit selbst tritt aber meist entweder auf oder nicht. Aus diesem 
	  Grund wurde der sogenannte Schwellenwert eingeführt. Der Schwellenwert 
	  gibt an, ab welcher Anzahl von Genen und Umweltfaktoren eine Erkrankung 
	  auftritt. 
	  Funktionsweise einer polygenen Vererbung am Beispiel HD: 
	   
	  In der ersten Zeile sehen wir die fiktive Genanordnung eines Hundes, der 
	  von einem Elternteil ausschließlich dominante (Dreieck) und vom anderen 
	  ausschließlich rezessive Gene (Quadrat) mitbekommen hat. Dieser Hund wäre 
	  gesund, weil die dominanten Gene ja in jedem einzelnen Fall stärker als 
	  die rezessiven Kopien wären. Für die Zucht könnte dieser Hund aufgrund 
	  seiner hohen Zahl an rezessiven Genen aber selbstverständlich 
	  problematisch sein. Dies wäre beispielsweise eine Konstellation eines 
	  Hundes mit exzellenten Hüftgelenken, der aber HD vererbt. Das erklärt 
	  auch, warum es immer sicherer ist, auf die ganze Familienleistung zu sehen 
	  als auf den einzelnen Hund. In der Familie dieses Hundes wird es etliche 
	  Hunde mit schlechteren HD-Ergebnissen geben.  
	  … und wie sieht die Verteilung der einzelnen Genkombinationen bei einer 
	  polygenen Vererbung aus? 
	  Bei 10 Genpaaren gibt es 2 hoch 10 Verteilungsmöglichkeiten für jedes 
	  Elternteil. Das sind 1064 pro Elternteil. Für Nachkommen gibt es dann 1024 
	  x 1024, also über eine Million verschiedende Möglichkeiten von 
	  Allelkombinationen. Das kann man nicht mehr in Stufen anzeigen, sondern es 
	  ergibt eine Kurve. 
	   
	  Ähnlich der Stufengrafik weiter oben ist auch hier die Anzahl der völlig 
	  freien (rein dominanten) ganz links zu finden. Dann kommt die große Menge 
	  der Mischerbigen und dann die wieder sinkende Anzahl der Hunde mit 
	  überwiegend rezessiven Genen. Jenseits des Schwellenwertes liegen die 
	  Hunde, die so viele rezessive Paare haben, dass die Krankheit bei ihnen 
	  ausbricht. 
	  In einer betroffenen Familie zeigt das Auftreten der Erkrankung, dass mehr 
	  Gene vorhanden sind, so dass die Normalkurve nach rechts verschoben wird. 
	  Die Inzidenz der Erkrankung und damit auch das Wiederholungsrisiko in der 
	  Familie wird größer. 
	  Das Wichtigste an dieser Kurve ist, dass sie einem zeigt, wie viele 
	  Carrier es im Vergleich zu den erkrankten Hunden gibt, und dass es einem 
	  Hund nicht anzusehen ist, wo auf der Kurve er sich befindet. Ein enger 
	  Verwandter eines Erkrankten hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, auf der 
	  rechten Seite der Kurve zu liegen – er kann aber auch ganz links liegen. 
	  Wo er sich tatsächlich befindet, wird erst über seine Nachkommen sichtbar. 
	  Möchte man Erbkrankheiten vermeiden und kennt die aufgetretenen Fälle in 
	  den Pedigrees der potentiellen Zuchtpartner, lässt sich das Risiko für 
	  jede geplante Paarung errechnen. 
	  Wieso kann man nicht einfach die Carrier ausmerzen? 
	  Mindestens 40% aller Hunde, die wir züchten, haben irgend einen Defekt, 
	  und sei er auch noch so klein. Im Durchschnitt trägt jeder Hund rezessive 
	  Anlagen für 5 Defekte. Es gibt also massenhaft Carrier für irgendeinen 
	  Defekt. Wollte man die alle aus der Zucht nehmen, bliebe fast nichts 
	  übrig. 
	   
	  Hunderassen sind künstlich geschlossene Populationen. Border Collies 
	  wurden in der ISDS seit 100 Jahren in einem geschlossenen Zuchtbuch 
	  gezüchtet. Das bedeutet, dass sich zwar durch Vermehrung die Gesamtzahl 
	  der Hunde enorm vergrößert hat, es ist aber so gut wie kein neues 
	  Genmaterial mehr hinzugekommen. Es gibt zwar inzwischen Tausende von 
	  Border Collies, aber diese sind untereinander verwandter als in früheren 
	  Tagen. Das sieht man natürlich nur, wenn man die Stammbäume über 
	  Jahrzehnte verfolgt. 
	  Bezüglich der Bekämpfung von Erbkrankheiten ergeben sich folgende 
	  Schlüsse: Eine züchterische Merzung (Ausschluss aus der Zucht) für 
	  Merkmalsträger und mögliche Carrier ist erfolgversprechend bei einer 
	  Inzidenz von <1%.  
	  Nimmt man signifikante Anzahlen von Hunden aus der Zucht, so bedingt dies 
	  ganz zwangsläufig das man das Auftreten neuer Erbkrankheiten fördert. Für 
	  jeden Kopf der Hydra, den man abschlägt, wachsen neue nach.  
	  Bei Epilepsie, beispielsweise, nimmt man an, dass der Transport von 
	  Natrium und Calcium durch die Nervenzellwand, also die konkrete chemische 
	  Reaktion zur Erzeugung von Potentialdifferenzen und damit der 
	  Nervenleitfähigkeit, gestört ist. Der Transport an sich ist aber notwendig 
	  für jeglichen Denk- oder Bewegungsvorgang. Es kann durchaus sein, dass 
	  Hunde mit Epilepsie ein aus den Fugen geratenes Transportsystem haben, die 
	  mischerbigen Verwandten aber ein besonders schnelles oder besonders 
	  leistungsfähiges Transportsystem haben. 
	  Diese eher theoretischen Aussagen bestätigen die alte Züchterweisheit, 
	  dass die Mischung von Genen häufig die besten Ergebnisse erzielt. Das 
	  klassische Beispiel ist der sogenannte Heterosiseffekt. Schwierig wird es, 
	  wenn man diese Effekte stabilisieren will, denn das wiederum geht nur 
	  durch Erhöhung der Reinerbigkeit. Erfolgreiche Zucht ist immer eine 
	  Gradwanderung zwischen Outcross und Linienzucht. Beim Auftreten von 
	  Erbkrankheiten ist das Pendel zu weit zur Linienzucht ausgeschlagen, und 
	  es wird dringend Zeit zu mehr Auskreuzung. 
	  Was tun? 
	  Die Empfehlungen von Populationsgenetikern gehen alle dahin, Paarungen zu 
	  vermeiden, bei denen das Risiko sehr hoch ist, dass sich rezessive 
	  Genpaare treffen, und statt dessen „gefährdete“ Partner immer an möglichst 
	  „ungefährdete“ anzupaaren. Das nennt man Vergrößerung der Heterogenität, 
	  und es bedeutet, dass man die Anzahl der Mischerbigen (Heterozygoten) 
	  erhöht. Damit kann das Auftreten von rezessiven Erbkrankheiten vermieden 
	  werden. Wir erinnern uns, eine rezessive Kopie kommt niemals gegen eine 
	  dominante Kopie an, der konkrete Bauplan des Hundes wird vom dominanten, 
	  in diesem Fall nicht krankmachenden Gen, bestimmt.  Darüberhinaus hat 
	  diese Vorgehensweise  den positiven Begleiteffekt, dass züchterisch 
	  wertvolle Tiere, die ein erhöhtes Vererbungsrisiko für Krankheit tragen, 
	  in der Zucht bleiben können. 
	  Die komplette Ausmerzung von Erbkrankheiten ist leider reines 
	  Wunschdenken. Eine populationsgenetische Untersuchung der Tierärztlichen 
	  Hochschule Hannover zur „Zuchtsituation und erblich determinierten 
	  Erkrankungen bei Golden und Labrador Retrievern“ kam zu der ernüchternden 
	  Feststellung, dass „eine  absolute Selektion gegen all diese Defekte 
	  gleichzeitig nicht möglich ist (…) und ein Selektionsfortschritt nur sehr 
	  langsam und nur bei Indexselektion zu erwarten wäre. (…) Die einzige 
	  Möglichkeit, diese Erkrankungen in ihrer Ausprägung schneller einzudämmen, 
	  ist eine Zucht auf größere Heterogenität innerhalb der Populationen.“ 
	  Ähnlich äußern sich andere Populationsgenetiker, wie zum Beispiel, Dr. 
	  Irene Sommerfeld-Stur aus Wien. „Der Erhalt der genetischen Varianz ist 
	  eines der wichtigsten Ziele der modernen Hundezucht. (…) Fatalerweise 
	  führen oft gerade züchterische Entscheidungen, die im Interesse der 
	  Gesundheit der Nachkommen liegen, zu einer Verschärfung der Situation der 
	  genetischen Vielfalt. (…) Es entspricht also nahezu der Quadratur des 
	  Kreises die Forderung nach Erhalt der genetischen Vielfalt mit den 
	  ebenfalls vielfältigen Selektionszuchtzielen unter einen Hut zu bringen. 
	  Die einzige Möglichkeit, dieses Problem halbwegs erfolgreich zu lösen 
	  bietet die Erarbeitung rassespezifischer Zuchtstrategien, die die 
	  individuelle Situation der einzelnen Rassezuchtpopulationen 
	  berücksichtigen und dabei alle Möglichkeiten der modernen Genetik 
	  ausschöpfen. (…) 
	  Es gibt eine Reihe von züchterischen Instrumenten, die in diesem 
	  Zusammenhang genutzt werden können. 
 
	  Das hört sich alles sehr kompliziert an. Was versteht man unter diesen 
	  Maßnahmen? 
	  Theoretisch findet man in einem Pedigree zwei Eltern, 4 Großeltern, 8 
	  Urgroßeltern und so weiter. Das macht bis zur dritten Generation 14 
	  verschiedene Vorfahren. Der Ahnenverlustkoeffizient bezeichnet die Anzahl 
	  von Vorfahren, die in einem Pedigree fehlen, weil sie mehrfach vorhanden 
	  sind. Ist der Großvater mütterlicherseits gleichzeitig der Urgroßvater 
	  väterlicherseits, sind es nur noch 13 Vorfahren. Mit dem 
	  Ahnenverlustkoeffizient kann der Inzuchtgrad bestimmt werden. 
	  Eine Zuchtwert- und damit Risikoeinschätzung für eine geplante Paarung 
	  kann ein Züchter grob selbst bestimmen, wenn er weiß, welche 
	  Erbkrankheiten in welchen Linien verlaufen und wie die Eigenleistung sowie 
	  die Verwandtschaftsgrade zu Erkrankten beim potentiellen Zuchtpartner 
	  sind. 
	  Bei der Indexselektion wird die Selektion für verschiedene Merkmale 
	  gewichtet. Der Index bestimmt die Wertigkeit der verschiedenen 
	  Selektionskriterien.  Überragende Werte bei einem Merkmal können Schwächen 
	  bei einem anderen Merkmal ausgleichen, um die Genvielfalt zu erhalten. 
	  In der Nutztierzucht werden zur Verbesserung der Erbeigenschaften einer 
	  Rasse schon seit langer Zeit  Zuchtwertschätzung und Indexselektion 
	  eingesetzt. Sie sind  Mittel der Wahl bei polygener Vererbung und haben in 
	  den letzten 15 Jahren auch ihren Weg in die Hundezucht gefunden. Das 
	  erfahrenste, deutsche Institut in punkto Zuchtwertschätzung bei Hunden ist 
	  das Rechenzentrum für Tierzucht und angewandte Genetik der Universität 
	  Gießen. Etliche Hundezuchtvereine sind hier Kunden, anfänglich alle wegen 
	  HD, später wegen aller möglichen Erbkrankheiten. 
	  Nachbemerkung zur praktischen Anwendung: 
	  Egal, für welche Methode man sich entscheidet, der Erfolg steht und fällt 
	  in jedem Fall mit der Zuverlässigkeit der zugrundeliegenden Information. 
	  Fehlende Informationen über Erkrankte führen dazu, dass Züchter bei der 
	  Zuchtplanung in falsche Sicherheit gewiegt werden. Zum Beispiel Epilepsie 
	  lässt sich sagen, dass die wenigen, wirklich verheerenden Würfe bei 
	  unseren Border Collies sicher auch hätten vermieden werden können, wenn 
	  die Züchter eine Chance gehabt hätten, das Risiko der geplanten Anpaarung 
	  zu erkennen. Niemand züchtet vorsätzlich kranke Tiere, schon gar nicht bei 
	  dieser schrecklichen Krankheit.  
	  Was wir brauchen, ist eine Lösung für die Züchter, die Spielraum für gute 
	  Arbeitshundezucht lässt und gleichzeitig das Risiko minimiert und damit 
	  die Welpenkäufer schützt. Verwendet man das zugängliche Wissen der 
	  Spezialisten auf diesem Gebiet, der Genetiker, ist das ist relativ einfach 
	  durch kluge Anpaarung machbar, die Karten müssen aber endlich auf den 
	  Tisch. 
	    
	  Dr. Viola Hebeler 
	  Literaturverzeichnis folgt. |